Irrationale Überzeugungen sind oft die Ursache für Entscheidungsprobleme!
Studierende, die Probleme haben, Entscheidungen zu treffen, gehen meist von falschen Annahmen aus:
- „Eine Entscheidung muss hundertprozentig richtig sein …“
Es gibt keine Entscheidung, die hundertprozentig richtig ist! Um eine hundertprozentig richtige Entscheidung treffen zu können, müsste man allwissend sein und außerdem in die Zukunft sehen können. Da diese Bedingungen auf niemanden zutreffen, ist eine Entscheidung, die zwischen 80 bis 90 Prozent stimmig ist, schon eine sehr verlässliche und zukunftsträchtige Basis.
- „Entscheidungen trifft man mit dem Kopf …“
Das stimmt nur bedingt. Selbstverständlich sollten wichtige Entscheidungen nicht rein aus dem Bauch heraus, spontan und unüberlegt getroffen werden. Man sollte im Vorfeld reale Vor- und Nachteile der jeweiligen Alternativen abklären, um seine Entscheidung rational begründen zu können.
Aber: Bei Entscheidungen ist auch das „Bauchgefühl“ wichtig. So gibt es Entscheidungen, die absolut vernünftig erscheinen, sich aber nicht „gut anfühlen“. Solche Gefühle sollte man ernst nehmen, denn Entscheidungen, die tatsächlich tragen, sind auch gefühlsmäßig stimmig. Entscheidungen, die nur nach objektiven Kriterien getroffen werden, sind hingegen auf Sand gebaut, da man persönliche Bedürfnisse, Wünsche und Interessen zu wenig berücksichtigt.
- „Ich will mir möglichst alles offen halten …“
Der Wunsch ist verständlich, aber völlig unrealistisch. Auch die beste Entscheidung bedeutet stets, dass man sich von alternativen Möglichkeiten verabschiedet. Wer sich nicht festlegen will, ist am Ende der Verlierer. Er tritt nicht nur auf der Stelle, sondern erlebt auch, dass er seine Möglichkeiten selbst beschneidet. So hat ein BWL-Absolvent, der nicht weiß, für welchen Tätigkeitsbereich er sich entscheiden soll, bei der Jobsuche schlechtere Chancen als ein Absolvent, der bspw. absolut sicher ist, im Banken-Sektor arbeiten zu wollen. Letzterer hat vor dem Studium vielleicht schon eine Banklehre absolviert, kann meist die passenden Praktika vorweisen und wirkt im Vorstellungsgespräch viel überzeugender, da die geforderte überdurchschnittliche Motivation bei ihm „echt“ ist.
- „Andere wissen besser als ich, was für mich gut ist …“
Es ist gar nicht so selten, dass Studis mit einem Entscheidungsproblem in die PBS kommen und von ihrem Berater fordern, dass er ihnen als Experte sofort sagen kann, wie sie sich entscheiden sollen.
Das ist natürlich eine völlig unrealistische Erwartung! Auch ein Experte kann nur beraten, seine Sicht der Dinge schildern, Hinweise auf vielleicht vernachlässigte Aspekte geben und Entscheidungsstrategien vermitteln. Die eigentliche Entscheidung aber muss jeder selbst treffen! Außerdem sind Psychologen keine Hellseher! Bedenke, dass sich jeder selbst am besten kennt!
- „Ich traue mich nicht, meine Entscheidung durchzusetzen …“
Es gibt auch Studierende, die keine Probleme haben, sich zu entscheiden, aber davor zurückschrecken, ihre Entscheidung durchzusetzen. Sie wissen bspw., dass sie Architektur oder Kunst statt BWL studieren möchten bzw. zunächst eine Ausbildung anstreben statt gleich zu studieren. Ihr Problem besteht darin, aus falsch verstandener Rücksichtnahme bzw. aufgrund einer übergroßen Abhängigkeit von wichtigen Bezugspersonen, meist den Eltern, ihre eigentlichen Ziele aufzugeben.
Beispiele aus Beratungsgesprächen:
„Eigentlich möchte ich Kunst studieren, aber mein Vater hält das für völlig unsinnig. Er will, dass ich BWL studiere …“ „Eigentlich habe ich erst mal genug vom Lernen, aber meine Eltern sind beide Akademiker und wären tief enttäuscht, wenn ich nach dem Abi nicht studiere …“ „Eigentlich möchte ich Tiermedizin studieren, aber ich kann das Studium nicht finanzieren. Meine Eltern sind geschieden, meine Mutter hat nur sehr wenig Geld und mein Vater verdient zu viel, als dass ich BAföG kriegen könnte. Er ist wieder verheiratet und zahlt für mich und meinen Bruder nicht mal Unterhalt. Ich müsste ihn verklagen, um das Studium finanziert zu bekommen, aber seinen Vater verklagt man doch nicht …“
So verständlich solche Argumente auch sind, sie bringen dich nicht weiter. Die Katastrophengedanken und Ängste in Bezug auf eine mögliche Konfrontation mit deinem Vater oder deiner Mutter sind meist übertrieben, denn die wenigsten Eltern sind so „stur“, dass sie nicht am Ende akzeptieren, dass der Sohn oder die Tochter eigene Wege gehen. Und an einem Vater, der nach der Scheidung den Kontakt zu seinen Kindern abbricht, hat ohnehin niemand etwas verloren. Warum also sollte man ihn nicht verklagen? Auch das Recht ist in diesem Fall auf deiner Seite, denn der Gesetzgeber hat bestimmt, dass es die Pflicht der Eltern ist, für die Ausbildung ihrer Kinder aufzukommen, sofern sie finanziell dazu in der Lage sind.